Orient Express Kampagne

Spielbericht – Session 9 (7.2.1920)

                                                                                                      Venedig, Samstag 07. Februar 1921

  

Liebste Pearl,

Am Donnerstag 05. Februar sind wir in Venedig angekommen. Donatella, eine Freundin von Luisa und Angelica, wiederum eine Freundin von Donatella, haben uns am Bahnhof von Venedig schon erwartet. Die Begrüssung war sehr herzlich und ich fühlte mich gleich wohl in der Begleitung dieser zwei noch sehr jungen Frauen. Wir wollten uns eigentlich schon ein Taxi rufen, als wir eine sehr unangenehme Szene beobachteten. Im Speisewagen nach Venedig lernten wir Maria Tagliani kennen und eben diese Person wurde von einem sehr unsympathischen Herr in Uniform mit ebenfalls uniformierten Begleitpersonen bedrängt. Als wir näher gingen, konnten wir verstehen, dass dieser Mann sie mitnehmen wollte, sie sich aber dagegen wehrte. Wir konnten nicht einfach zusehen, wie diese Herren immer bedrohlicher auf sie einredeten. Also gingen wir einfach auf sie zu und taten so als seien wir verabredet. Es stellte sich heraus, dass der unsympathische Herr Alberto Rossini heisst und der Parteihöchste von Venedig ist. Du kannst dir ja vorstellen, dass er nicht sehr begeistert war über unser Auftreten. Wir mussten alle unseren Pass vorweisen und den von Luzia hat er gleich behalten, mit der Bemerkung, sie könne ihn morgen auf dem Polizeiposten wieder abholen. Danach ist er ohne Begleitung von Maria abgezogen. Wir waren doch sehr entrüstet und ehrlich gesagt, ich gestehe dass ja nicht gerne ein, aber auch ein wenig eingeschüchtert über diese unerfreuliche Machtdemonstration dieses Herrn.

Marias Dankeschön liess uns dieses Ärgernis jedoch schnell wieder vergessen. Wie sie schon im Zug erzählt hatte, reiste sie nach Venedig zu ihrer Familie, weil ihr Vater erst kürzlich verstarb. Ihr Halbbruder Giorgio, der sich zuvor im Hintergrund gehalten hatte, gesellte sich auch zu uns. Sie empfahlen uns das Hotel Critis am Markusplatz und machten sich dann auf den Heimweg. Wir nahmen ein Taxi, gingen auf die Empfehlung von Maria und Giorgio ein und wohnen nun im Hotel Critis gleich am Markusplatz.

Venedig ist eine wundervolle Stadt, obwohl immer ein doch sehr unangenehmer Geruch durch die Gassen streift. Touristen hat es zu dieser Jahreszeit nicht viel, es ist viel zu kalt. Wenngleich im Moment noch bis am 12. Februar Karneval Zeit in Venedig ist. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Leute hier Kostüme und Masken tragen. Dieses bunte Treiben ist wahrlich wunderbar zu beobachten.

Vor lauter Karneval könnte ich glatt vergessen, wieso wir eigentlich in Venedig sind. Wir suchen ja eigentlich den Alvire de Gremanci oder dessen Nachfolger. Donatella hat bereits einige Nachforschungen gemacht und eine alte Sage über die Gremancis ausfindig gemacht. Also: der Compte Alvire de Gremanci lebte Ende des 18. Jahrhunderts und stellte Puppen her. Er war als Zauberer bekannt, da seine Puppen (in Tier- und Menschengestalt) mechanische Höchstleistungen waren. Seine Puppenvögel konnten anscheinend so schön zwitschern, dass sie sogar richtige Vögel täuschen konnten. Ja du kannst es dir denken, dem Compte wurde bald nachgesagt, dass er schwarze Magie benutze. Nachdem Venedig von den napoletanischen Truppen besetzt wurde, ging es mit dem Compte erst richtig aufwärts. Es scheint so, als hätten die Franzosen seinen Puppen zu grosser Bekanntheit verholfen. Er soll seine Puppen vor allem nach Frankreich aber auch in andere Länder exportiert haben. Die Puppenfabrik von den Gremancis existiert noch immer.

Dieser Puppenfabrik haben wir am Freitag natürlich gleich einen Besuch abgestattet. Leider war sie jedoch geschlossen. Das Quartier, in dem sich diese Puppenfabrik befindet, ist sehr heruntergekommen, aber die Fabrik selber ist erst kürzlich renoviert worden und sieht sehr schön aus. Es scheint so, als würde das Geschäft noch immer rentieren. An der Tür fanden wir einen Zettel mit dem Vermerk, dass die Puppenfabrik ab Montag dem 09.02. wieder geöffnet sei. Naja es blieb uns nichts anderes übrig, als wieder zu gehen.

Ehrlich gesagt waren wir alle nicht ganz unglücklich, so können wir dieses Wochenende am Karneval teilnehmen und müssen uns nicht um unsere Mission kümmern. Ach wie schön ist es, nicht immer von einem Ort zum anderen zu hetzen, sondern sich mal wieder wie eine normale Touristin zu fühlen.

Während wir bei der Puppenfabrik vorbeigingen, holte Donatella den Pass von Luzia. Wäre ja zu schön gewesen, wenn das einfach so reibungslos gegangen wäre. Sie musste eine hohe Summe als Kaution hinterlassen und Luiza muss sich jeden Tag um 10 Uhr auf der Wache melden. Ich mache mir ein wenig Sorgen um die Gesinnung die uns hier teilweise entgegenweht. Nicht Sorgen um mich sondern vor allem um Luzia, die auf Grund ihres Namens nicht Verbergen kann, dass sie jüdischer Herkunft ist.

An diesem Abend hat uns Giorgio, der Halbbruder von Maria im Hotel besucht. Er hat uns zur Beerdigung seines und Marias Vater eingeladen. Sie findet am Montag 16 Uhr auf der Friedhofsinsel statt. Er meinte, Maria würde sich sehr freuen, wenn wir kämen. Aber auch er wäre ab unserer Gesellschaft sehr erfreut. Wir haben ihn zum Tee eingeladen und er erzählte, dass er Journalist von Beruf sei. Wir haben ihn spontan gefragt, ob er uns an den Ball im Dogenpalast begleiten möchte und er nahm die Einladung an. Die Tickets konnten wir an der Hotelreception bestellen und Karnevalkostüme haben wir auch schon gekauft. Luzia hat ein Harlekin-Kostüm, Donatella, Mayumi und Charlotte gehen als Pauta. Angelina hat eine sehr schöne Sonnenmaske und ich gehe als wild farbiger Matachino.

In der Nacht auf heute haben wir vor unserem Hotel eine Frau gehört, die Zeter Mordio geschrien hatte. Bis wir jedoch aufgestanden waren und am Fenster waren, war schon nichts mehr zu hören. Aber heute morgen hat uns unser Kellner die Neuigkeit, die sich wie ein Lauffeuer verbreitet erzählt. In der Nacht auf heute ist ein Mann von einem 3 Meter langen Spiess aufgespiesst worden. Anscheinend sei sein Hals dabei völlig zerfetzt worden. Seine Geliebte war bei dem Unglück dabei, wahrscheinlich ist es die Frau, die wir in der Nacht gehört haben. Sie ist nun anscheinend in polizeilicher Obhut. Aber bei der Erfahrung, die wir mit der hiesigen Polizei gemacht haben, erfüllt mich diese Nachricht mit einem Schauer.

 

 Alles Liebe und bis bald.

 Deine Freundin Luschenka

cthulhu.ch